Sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer,
herzlich willkommen zur ersten Lektion Ihrer Ausbildung zur Sicherheitsbeauftragten bzw. zum Sicherheitsbeauftragten.
In dieser Einheit erhalten Sie einen Überblick über die Entwicklung des Arbeitsschutzes – von den ersten Anfängen in der Industrialisierung bis zu den heutigen gesetzlichen Regelungen.
Die Anfänge des Arbeitsschutzes
Mit der Industrialisierung verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen drastisch:
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Gefährliche Maschinen, keine Schutzvorrichtungen
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Häufige, teils tödliche Arbeitsunfälle
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Keine Entschädigung bei Arbeitsunfällen, es sei denn, dem Unternehmer konnte schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden.
Kinderarbeit
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Anfang des 19. Jahrhunderts war Kinderarbeit weit verbreitet.
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Kinder wurden ohne Ausbildung in Fabriken eingesetzt.
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1839: Erste gesetzliche Regelung in Preußen:
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Kinder unter 9 Jahren: keine Beschäftigung mehr erlaubt.
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Jugendliche bis 16 Jahre: max. 10 Stunden tägliche Arbeitszeit.
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👉 Heutiger Vergleich: Eine 10-Stunden-Schicht wäre für Erwachsene in den meisten Berufen heute undenkbar.
Erste Sicherheitsorganisationen und Versicherungen
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1872: Gründung des Vereins zur Überwachung der Dampfkessel — erste organisierte Sicherheitsinspektionen.
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1883: Einführung der Krankenversicherung in Preußen.
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1884: Unfallversicherungsgesetz:
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Unfallrenten
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Heilbehandlung
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Unfallverhütung
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Gründung der Berufsgenossenschaften
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Politische Entwicklungen
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Kaiser Wilhelm II. förderte den Arbeitsschutz aktiv.
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Bismarck befürchtete wirtschaftliche Nachteile durch zu viele Schutzmaßnahmen.
👉 Ergebnis: Es entstand ein Spannungsfeld zwischen Fürsorgepflicht und wirtschaftlichen Interessen.
Meilensteine Ende 19. Jahrhundert
1891: Preußischer Staatsrat beschließt umfassende Schutzmaßnahmen:
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Abschaffung der Sonntagsarbeit.
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Kinderarbeit unter 13 Jahren wird untersagt.
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Jugendliche unter 16: max. 10 Stunden täglich.
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Frauen: max. 11 Stunden täglich.
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Verbot von Nachtarbeit für Jugendliche und Frauen
Nach den Weltkriegen
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Während der Weltkriege: starke Lockerung der Arbeitsschutzvorschriften.
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Nach 1945: Neuanfang und schrittweise Einführung moderner Regelungen.
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Arbeitsschutz wurde zunehmend politisch diskutiert und fester Bestandteil der Gesetzgebung
Modernes Arbeitsschutzrecht
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1974: Inkrafttreten des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG).
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1996: Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) → Gefährdungsbeurteilung wird Pflicht.
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Seit 2013: Psychische Belastungen als Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung
Zusammenfassung
Der Arbeitsschutz entwickelte sich über Jahrzehnte von reiner Arbeitgeberpflicht zu einem umfassenden, gesetzlich verankerten Gesundheitsschutzsystem für alle Beschäftigten.